Die Formel, die Uniqlos Rekordgewinne befeuert
Der Massenmodehändler verzeichnet im vierten Jahr in Folge Rekordgewinne – sind seine Kollaborationen der Schlüssel?
Die Formel, die Uniqlos Rekordgewinne befeuert
Der Massenmodehändler verzeichnet im vierten Jahr in Folge Rekordgewinne – sind seine Kollaborationen der Schlüssel?
Zum vierten Jahr in Folge meldet Uniqlo Rekordgewinne – und peilt mit seiner globalen Retail‑Offensive nun ein fünftes Jahr in Serie mit Rekordzahlen an. Laut Reuters stiegen die Gewinne um rund 13 % auf 3,69 Milliarden US‑Dollar (564,3 Milliarden Yen) in den zwölf Monaten bis August 2025. Während die Modebranche nach einem Jahr der Unsicherheit, geprägt von internationalen Handelsreformen und wirtschaftlicher Instabilität, ins Wanken gerät, stellt sich die Frage: Was ist das Erfolgsgeheimnis des japanischen Einzelhändlers?
Uniqlos Mutterkonzern Fast Retailing verzeichnete in Japan erstmals einen Umsatz von über 1 Billion Yen. In Nordamerika stiegen Umsatz und operativer Gewinn trotz der neu eingeführten US‑Zölle um 24,5 % bzw. 35,1 %. Weltweit übertrafen die Zahlen die eigene Prognose für das Geschäftsjahr 2025 von 545 Milliarden Yen, und Fast Retailing erwartet, dass der operative Gewinn 2026 erneut Rekorde brechen dürfte – mit bis zu 610 Milliarden Yen.
„Da sich die Zeiten rasant wandeln, beginnt Uniqlos LifeWear‑Konzept in wichtigen globalen Märkten breite Anerkennung zu finden“, sagte Tadashi Yanai, CEO und Gründer, in einer offiziellen Mitteilung. „Wir sind zuversichtlich, dass wir den Begriff von Kleidung im globalen Maßstab grundlegend neu definieren und eine Bewegung anstoßen können, die LifeWear als neuen weltweiten Standard etabliert“, fügte er hinzu.
In einem Umfeld, das derart stark von Wettbewerbern gesättigt ist, differenziert sich Uniqlo vor allem durch seinen stringent kuratierten Produktansatz. Im Vergleich zum Einkauf bei H&M oder Zara, wo trendgetriebene Sortimente, lebhaftere Muster und lautere Verzierungen ins Auge fallen, wirkt Uniqlo in seiner Präsentation auffallend zurückgenommen.
Kurz gesagt: Während sich die Konkurrenz stark auf den Look, ging es bei Uniqlo stets mehr um das Gefühl
Das Unternehmen setzt konsequent auf verlässliche Basics – etwa schlichte, locker geschnittene T‑Shirts und utilitaristische Fleecejacken – und investiert zugleich in die Entwicklung saisonaler technischer Linien wie AIRism und HEATTECH. Kurz gesagt: Während sich die Konkurrenz stark auf den Look, ging es bei Uniqlo stets mehr um das Gefühl — was jedoch keineswegs heißt, dass Uniqlo die designeraffine Kundschaft nicht bedient. Statt zu versuchen, die Taktgeber der Modewelt zu imitieren, arbeitet Uniqlo mit ihnen zusammen. Von Lemaire über JW Anderson bis Clare Waight Keller: Uniqlos treffsichere Reihe an Designer‑Kollaborationen hat seine Glaubwürdigkeit bei Modekennerinnen und ‑kennern nur weiter gestärkt.
Nach dem erfolgreichen Launch der Linie Uniqlo : C von Clare Waight Keller im Jahr 2023 wurde die britische Designerin im September 2024 offiziell zur globalen Kreativdirektorin von Uniqlo ernannt. Mit dem Auftrag, die Hauptkollektionen der Marke mit ihrem geschulten Blick zu führen, war die Berufung der ehemaligen Chloé‑ und Givenchy‑Direktorin nur die jüngste in einer Reihe von Designer‑Partnerschaften, die Uniqlos weltweiten Ruf sukzessive aufgebaut haben.
Eine der frühesten Kollaborationen von Uniqlo entstand mit Jil Sanders Kollektion +J aus dem Jahr 2009. Die deutsche Designerin gab die Richtung für künftige Partnerschaften vor, die weiterhin Kreative mit einer reduzierten, zeitgemäßen Ästhetik einbanden. Erst mit dem Start von Uniqlo U begannen sich die Kollaborationen zu dauerhaften, hauseigenen Linien zu entwickeln. Lemaire‑Gründer Christophe Lemaire und Co‑Direktorin Sarah Linh Tran stießen 2016 offiziell als künstlerische Leiter von Uniqlo U zu Uniqlo. Ergänzend zu Uniqlos Expertise bei Basics erwiesen sich die präzise Schneiderkunst und die minimalistische Haltung von Lemaire als ideales Match, um Uniqlos Standing in der globalen Modeszene zu heben.
Im Gleichschritt mit dem Einzelhändler verzeichnete auch Lemaire rasches Wachstum – nicht zuletzt dank einer Investition von 4,5 Millionen Euro durch Fast Retailing im Jahr 2018. Laut BoF haben sich Lemaires Eigenumsätze von rund 10 Millionen Euro im Jahr 2019 auf über 100 Millionen Euro im Jahr 2024 verzehnfacht. Es zeigt sich, wie die wachsende Popularität der französischen Luxusmarke Uniqlos Strategie wirkungsvoll flankiert.
Offensiver angelegt, trägt die JW Anderson x Uniqlo‑Linie die markante Wortmarke des Designers. Nur vier Jahre nach Beginn von Jonathan Andersons zehnjähriger Amtszeit bei Loewe besiegelte Uniqlo 2017 die erste Partnerschaft mit seinem gleichnamigen Label. Der nordirische Designer genoss vor seiner Berufung ins spanische Haus eine moderate Bekanntheit; erst die große neue Rolle befeuerte Kooperationen nicht nur mit Uniqlo, sondern im selben Jahr auch mit Converse. Während die Converse‑Partnerschaft 2019 ins Stocken geriet, arbeiten Anderson und Uniqlo weiterhin eng zusammen und präsentierten erst diese Woche ihre HW25‑Kollektion.
Da Guccis Besucherzahlen in den Stores nach Demnas mit Spannung erwartetem Debüt anziehen, ließe sich vorstellen, dass Andersons viel diskutiertes Dior‑Debüt noch mehr Kundschaft wegen seiner Kollaborationslinie zu Uniqlo zieht. Während Konglomerate wie Kering und LVMH die „Luxusflaute“ mit strategischen Personalwechseln und Preiserhöhungen zu dämpfen versuchen, steht Uniqlo in Idealposition, die daraus resultierende Konsumentennachfrage mit erschwinglichen Kollaborationen aufzufangen. Doch die Begeisterung von Luxusfans ist längst nicht alles, worum es bei Uniqlo geht.
So sehr die Marke Modekenner beeindruckt, hat sie ebenso den Finger fest am Puls der zeitgenössischen Kunst und Popkultur. Die Uniqlo UT‑Linie integriert verschiedenste globale Franchises in ihre Grafiken – mit besonderem Augenmerk auf aufstrebende Anime‑Titel wie Chainsaw Man und Dan Da Dan. Andernorts, in der Kunstwelt, hat UT Werke von späten Meistern der Moderne wie Jean‑Michel Basquiat und Keith Haring lizenziert, die bei Gen Z einen Popularitätsschub erleben. Womöglich der größte Schritt im Kunstbereich war die Ernennung des zeitgenössischen Bildhauers KAWS zum ersten Artist‑in‑Residence dieser Saison.
All das heißt nicht, dass Uniqlos Hauptlinie keinen Anteil am Erfolg hätte. Die Unisex‑Crossbody‑Bag aus Nylon, inzwischen in einer Palette saisonaler Farben erhältlich, wurde 2023 zum großen Hit bei jüngeren Kundinnen und Kunden. Offensichtlich zählt gerade ihre Schlichtheit zu den größten Stärken der Marke in einem derart gesättigten Fast‑Fashion‑Markt.
Der in Tokio ansässige Einzelhändler hat zudem wohl von Verschiebungen profitiert, die mehr westliche Konsumentinnen und Konsumenten zur japanischen Mode führen. Die Fertigungsstandards des Landes und seine ausgeprägte Handwerkskultur machen es zu einem Leuchtturm für Qualitätsproduktion – gerade im Westen, wo „Made in USA“ von kostengünstigem Offshoring verdrängt wurde und europäische Luxusmanufakturen zunehmend in Arbeitsrechts‑Skandale verstrickt sind. Uniqlos jüngste Kollaboration mit dem japanischen Streetwear‑Label Needles ist nur ein Beispiel dafür, wie sich dieser Trend innerhalb der Marke niederschlägt.
Man erkennt über Uniqlos Kollaborationen und die Hauptlinie hinweg einen vertrauten roten Faden aus verfeinertem Stil und Funktionalität. Das schlichte „LifeWear“ des Einzelhändlers bleibt seinen Wurzeln treu, die 1984 mit Gründer Tadashi Yanai begannen. Der Unternehmer ließ sich bei der Eröffnung des ursprünglichen „Unique Clothing Warehouse“ in Hiroshima maßgeblich von klassischen US‑Bekleidungshändlern wie Gap inspirieren. Die globale Expansion des Unternehmens begann in den frühen 2000er‑Jahren, gefolgt vom Auftakt seiner ersten Kollaborationen.
Der globale Aufstieg von Uniqlo in den vergangenen zwei Jahrzehnten — gekrönt von den jüngsten Rekordjahren — verweist nicht nur auf die geografischen Verschiebungen an den Epizentren des Stils, sondern auch auf die schwindende Strahlkraft von Luxus.
Mehr als 40 Jahre nach der Gründung hat Uniqlos starke Performance im Ausland das Feld der Massenmarkt‑Einzelhändler aufgemischt, das historisch von europäischen Giganten wie H&M und Zara dominiert wurde. Nach aktuellem Stand zeigen die Daten von Fast Retailing: Zwar liegt Uniqlo beim Umsatz noch hinter den beiden Fast‑Fashion‑Riesen, doch beim Wachstum führt die Marke. Uniqlo scheint das einzige asiatische Unternehmen zu sein, das auf diesem Level konkurriert – vor US‑Firmen wie Gap, Lululemon, PVH Corp und weiteren.
Der globale Aufstieg von Uniqlo in den vergangenen zwei Jahrzehnten — gekrönt von den jüngsten Rekordjahren — verweist nicht nur auf die geografischen Verschiebungen an den Epizentren des Stils, sondern auch auf die schwindende Strahlkraft von Luxus. In Uniqlos erfolgreichsten Jahren taten sich Luxusmarken schwer, ihre Top‑Kundschaft bei Laune zu halten. Inmitten eines volatilen Modeklimas könnte Uniqlos erschwingliche Mischung aus zeitlosen Garderoben‑Standards und designergeführten Diffusionslinien die Hauptzutaten seiner Erfolgsformel sein.

















